Wer den Klassenraum der Berufsfachschule in der Äußeren Bayreuther Straße in Nürnberg betritt, sieht ein altbekanntes Sprichwort aufs allerbeste bestätigt: für Veränderungen ist es nie zu spät. Mit seinen stolzen 50 Lenzen zählt Alan zu den älteren Auszubildenden, gleichwohl bringt sein reiferer Gesichtsausdruck auch einiges an Berufserfahrung zum Vorschein. Der gebürtige Engländer aus Sheffield, der fast schon 20 Jahre in Deutschland lebt und als selbstständiger Parkettleger tätig war, hat einen Neuanfang gewagt.
Alan, wie kam es dazu, das du nochmal eine Ausbildung machst? Und warum hast du dich für die Feinmechanik entschieden?
Alan: „Ich war aus gesundheitlichen Gründen, wegen anhaltender Knie- und Rückenbeschwerden leider gezwungen, mich umzuschulen. Dass es die Ausbildung zum Industriemechaniker im Bereich Feinmechanik geworden ist, hat mehrere Gründe. Ich wollte eine körperschonende mechanische Arbeit und dabei möglichst meine vorhandenen Qualifikationen mit den neu erlernten Fähigkeiten verknüpfen. Ich hatte während meiner Ausbildung zum Bodenleger in England bereits das Arbeiten mit Metall kennengelernt, die handwerklichen Skills bringe ich also mit.“
„Eigentlich hatte ich eine Umschulung beantragen wollen, aber dafür hätte ich mehrere Untersuchungen bei Ärzten und mehrere Gespräche bei der Agentur für Arbeit absolvieren müssen, um festzustellen, welche Jobs von Amtswegen zu mir passen. Auf diesem Wege hätte ich die Ausbildung aber erst ein Jahr später starten können. Also habe ich beschlossen, direkt anzufangen und alles selber zu finanzieren.
Das heißt, du bekommst keine finanzielle Unterstützung?
„Leider nein. Das Arbeitsamt stuft die Ausbildung nicht als Umschulung ein, da sie in der Industriemechanik bzw. Feinmechanik eine zu große Ähnlichkeit zu meinem alten Beruf sehen. Aber natürlich bekomme ich das Ausbildungsgehalt von Kokott.”
Wie bist du überhaupt auf Kokott gekommen?
„Ich kenne René Kokott schon länger, weil ich in seiner Firma vor ein paar Jahren neue Fußböden verlegt habe. Ich hatte gelesen, dass sie Azubis suchen und René vermittelt, dass ich die Stelle sehr gern antreten würde. Dann kam plötzlich ein Anruf von Peter Ermer, der mich zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat.“
Offensichtlich hast du auch ihn von deinem Neustart überzeugen können. Wie sieht dein Arbeitsalltag bei Kokott aus?
„Die Arbeit hier ist sehr vielfältig und abwechslungsreich, ich baue die Maschinen komplett selbst. Von den verschiedenen Innenbereichen und Schnittstellen übers Gewindeschneiden und Gehäusebauen bis hin zur Gesamtmontage. Die Produkte variieren sehr, daher ist immer volle Konzentration und höchste Genauigkeit gefragt.“
Und wie läuft es in der Berufsschule? Wie fühlt es sich an, Klassenältester zu sein?
„Das stimmt, ich bin tatsächlich älter als unsere Lehrer. (grins) Ich habe aber zu allen und natürlich auch zu den Jungs ein sehr gutes Verhältnis. Ein gewisses Alter, Disziplin und Erfahrung können ja durchaus von Vorteil sein.“
Bist du deshalb erneut zum Klassensprecher gewählt worden?
„Mag sein. Ich sehe mich schon in der Verpflichtung, ein Vorbild zu sein. Zum Beispiel darin wie man konstruktive und vor allem respektvolle Gespräche mit den Lehrern und Vorgesetzten führen kann.“
Patrick: „Ich habe schon häufiger Montagearbeiten im Betrieb meines Vaters ausgeführt und dabei festgestellt, dass ich im Handwerklichen ganz gut bin. In meinem ersten Betrieb habe ich mich aber nicht so richtig wohl gefühlt. Als mein Banknachbar Alan das in der Berufsschule mitbekommen hat, motivierte er mich bei Kokott eine Bewerbung abzugeben und den Ausbildungsplatz zu wechseln. Das hat sofort geklappt, obwohl es mitten im Schuljahr war.“
„Ich bin sehr glücklich und zufrieden mit meiner Entscheidung. Bei Kokott ist sehr feine, präzise Arbeit gefragt, das gefällt mir besser als das „grobe“ Handwerk. Es ist auch eine vielseitige Arbeit, mit eigenen Projektarbeiten und Werkstücken. Das ganze Team ist sehr hilfsbereit, ich fühle mich hier sehr wohl und angekommen.“
Was möchtest du nach der Ausbildung machen?
„Ich denke über eine Weiterbildung im Bereich Maschinenbautechniken nach. Möglicherweise gibt es auch neue Entwicklungen in Richtung Digitalisierung, allerdings sind die Prozesse meiner Meinung nach sehr strukturiert und auch effektiv. Vermutlich wird der Ablauf noch länger so bleiben wie er ist.“